--> London, Soho:

Ich hatte wieder mal eines meiner „Best of Queen-Tapes“ laufen, als ich gerade gutgelaunt um die Ecke bog, die zum Buchladen führte. Vor dem Laden parkte ich dann und stieg aus. Ich hatte mir sogar überlegt, mit Erziraphael essen zu gehen. Wohin er auch wollte. Lässig schlenderte ich in Richtung Eingang und freute mich schon auf einen wunderbaren Nachmittag mit dem Engel. Er wollte sich sogar extra für mich freinehmen.

Ich sah Erziraphael am Tisch sitzen, wie er über ein paar Bücher hockte, winkte ihm zu und ging auf ihn zu. Er war höchstens ein paar Schritte von mir entfernt. Kunden waren wie immer keine im Laden. „Erziraphael!“, grüßte ich ihn überschwänglich. Doch so verrückt das auch klang, ich kam nie dort an. Und so wartete ich wohl ewig auf seine Antwort. Stattdessen blendete mich kurze Zeit ein helles Licht und als ich wieder aufblickte, befand ich mich plötzlich draußen mitten im Wald. Aber das war nicht mehr Soho. Nanu, wie kam ich denn hierhin? Nicht, daß ich etwas gegen dieses Land hätte, aber ich hatte mich verdammt nochmal auf einen schönen Nachmittag mit meinem Freund gefreut. Und jetzt war ich gänzlich woanders. Ich hasste es, wenn mir etwas oder jemand einen Strich durch die Rechnung machte. Was hatte das nun wieder zu bedeuten? Steckte wieder mal eine unserer Seiten dahinter, um uns doch noch zu trennen? Oder gehörte das zum neuen „Großen Plan?“ Bitte nicht schon wieder! Konnten sie die Menschheit nicht endlich mal in Ruhe lassen? Sollte jetzt alles etwa hier enden? Hatte es schon geendet? Wieso legte der Unerfindliche jetzt den Rückwärtsgang wieder ein?

Was meine Laune auf den Tiefpunkt brachte war, daß ich Erziraphael hier nirgends entdecken konnte. Hatte ich mich etwa zu früh gefreut und sie ließen uns doch nicht in Ruhe? Ich sah mich etwas um und bemerkte, daß der Wald hier sehr mittelalterlich war. Vielleicht hätte mir Erziraphael jetzt aushelfen können, doch der Engel war nicht hier. Ich drehte mich um, aber der Buchladen war und blieb komplett verschwunden.

Was sollte ich bitte in einem Wald? Und dann auch noch mitten im Mittelalter? Die Ideen des Unerfindlichen wurden aber auch immer verrückter. Oder steckten meine Leute dahinter und wollten mich nur wieder von Erziraphael trennen? Zuzutrauen war es ihnen ja. Das konnte hier doch nur ein schlechter Scherz sein. Ohne meinen Bentley war ich sowieso aufgeschmissen. Hier waren weit und breit keine Straßen. „Ok, laßt den Scheiß! Genug gelacht jetzt und bringt mich wieder zurück!“, redete ich vor mich hin. Ich kannte das Mittelalter, aber so ein Ort war mir auch nicht bekannt. Irgendwann mußte es doch genug sein. Ich hatte genug gebüßt. Auch wenn sie mich noch mehr hassen würden, wenn sie wissen würden, daß wir die Körper getauscht hatten und Erziraphael somit das Weihwasser nichts ausgemacht hatte und mir das Feuer.

Plötzlich hörte ich eine weibliche Stimme. Als hätte man mich schon erwartet. Sie kam von oben. Aber es klang nicht wie Michael. Es war eine junge, etwa 20-jährige Frau, die auf einem Ast saß und mich ansprach. Sie hatte sogar Flügel und begrüßte mich. Natürlich schrillten da sämtliche Alarmglocken bei mir. „Was heißt hier Neuer?“, erwiderte ich ihren Gruß und verschränkte die Ellbogen vor meinem Oberkörper. "Wenn Du denkst, daß ich hier bleibe, hast Du Dich getäuscht! Wo immer wir hier auch sind.“ Das Ganze hatte schon irgendwie etwas vom Garten Eden. „Was bist Du? Gehörst Du auch zu ihnen? Hätte ich mir ja denken können! Das kann doch hier nur ein schlechter Scherz sein, oder?“ Fragend sah ich sie an. Und warum schickte man mir so einen jungen Engel? Sollte sie jetzt auf mich aufpassen, oder was?

Verwirrt starrte ich die junge Frau an, die mich nun umkreiste. „Du weißt doch genau, was ich bin!“, meinte ich seufzend. Schließlich hatte sie mich doch hergebracht. Dann faselte sie was von einem anderen Planeten. „Wieso das denn? Hat ER es durchgezogen? Hat ER die Welt vernichtet? Dann hoffe ich für Euch, daß Erziraphael nichts passiert ist!“, brauste ich etwas auf. Ich hatte mir doch alle Planeten angeschaut und keinen gefunden, wo ich leben konnte. Da waren nur der Alpha Centauri oder der Mond. Und plötzlich war einer da? Da war doch etwas faul dran. Was sollte das für ein Planet sein? „Wie heißt der Planet?“ Also doch kein Rückwärtsgang der Erdgeschichte. Mir gingen 1000 Fragen durch den Kopf.

Aber was sie dann sagte, fuhr mir wie ein Stich ins Herz. „Durch welches Portal?“ Da fiel es mir wie Schupen von den Augen. „Ach deshalb wurde es wohl so hell!“ Mit großen Augen sah ich sie an. „Was heißt das, es gibt kein Zurück? Was wird hier gespielt?“, runzelte die Stirn. Schließlich stellte sie sich vor und ich hätte fast losgelacht. „Lu? Na solange Du Du nicht Luzifer bist!“, meinte ich sarkastisch. „Ich bin Crowley, ein Dämon!“ Schien wohl so, als hätte sie doch nichts mit den Engeln zu gehören. „Sowas gibt´s? Ich dachte, Du wärst ein Engel! Was soll das alles? Soll das hier die Ewigkeit sein?“ Ich hasste sie zutiefst. Nur aus der Ewigkeit kam man nicht mehr so ohne Weiteres heraus. Und das hier klang verdächtig danach. Jahrtausende lang Langeweile am Arsch der Welt. Kein Spaß, kein Erziraphael, kein Bentley, kein Rotwein, nichts, was das Leben auf der Erde ausmachte. Damit wollte ich mich ganz sicher nicht abfinden. Nie mehr meinen Engelsfreund sehen. Ich hatte wirklich genug gebüsst. Einmal reichte es doch.

Lu zeigte zum Portal hin, was jetzt nicht mehr leuchtete. Ich ging dorthin zurück und bemerkte, daß man wirklich nicht mehr zurückkonnte. Ich prallte dagegen, wie gegen eine Wand. „Wie ist das möglich?“, fragte ich völlig verdutzt. „Da steckt doch garantiert wieder ER dahinter!“, glaubte ich. Und starrte ich sie völlig perplex an. „Du kennst Satan nicht? Den kennt doch jeder! Das Gegenstück zum Allmächtigen!“ Selbst die Engel. „Achso, na dann nenne ich Dich auch Lu. Nicht Crowley, der Dämon, einfach nur Crowley.“, verbesserte ich sie. Jetzt fragte sie auch noch nach Engeln. „Also Du willst mir allen Ernstes weismachen, Du kennst weder IHN, noch Luzifer noch Engel oder Dämonen?“ Das war ja noch schlimmer als am Arsch der Welt. Wenigstens hatte hier noch einer von Engeln gesprochen. „Hieß er nicht zufällig Erziraphael?“ Die Hoffnung starb zuletzt.

„Also Engel, das sind eigentlich die Feinde der Dämonen. Sie leben oben im Himmel und wir unten in der Hölle. ER ist Gott, der Unerfindliche, der alles erschaffen hat. Die komplette Erde und die Menschen. Ist alles seine Schöpfung. Aber vermutlich kennst Du nichtmal die Erde!“, seufzte ich. Daß ich auch mal ein Engel war, sagte ich besser nicht. Das würde sicher zu kompliziert. „Und alles fing mit Adam und Eva an, zwei Menschen. Aber der Allmächtige hat ihnen durch mich die Wahl gelassen zwischen gut uns böse. Ich war die Schlange, die Eve dazu verführt hat, den Apfel zu probieren. Na ja und dann hat ER sie natürlich nach einem kleinen Vergehen einfach rausgeschmissen!“ Ich begriff das heute noch nicht.

Schließlich erzählte sie von dieser seltsamen Welt. „Kaylenda? Davon habe ich noch nie gehört. Und der soll schon so lange existieren? Ja, muß schon sowas wie die Ewigkeit sein. Wo ist denn hier die Stadt? Das Leben? Die Straßen? Ich wette, Ihr habt nichtmal Rotwein! Selbst die Römer hatten welchen.“, seufzte ich. Ewigkeit war gleichzusetzen mit Langeweile.

Lu glaubte, ich hätte viel Temperament. „Ja, ich weiß!“, grinste ich sie an. Das sagte Erziraphael auch immer. Wir waren so grundverschieden und hatten doch so Einiges gemeinsam. Ich war eher aufbrausend und temperamentvoll, während der Engel meistens die Dinge mit Ruhe und Harmonie regeln wollte. Nichts für einen Dämon! „Das ist so bei Dämonen!“ Na bravo! Sie wußte nicht, wie diese Portale funktionierten. „Das hat man sich ja mal wieder prima ausgedacht, um mich von Erzi zu trennen!“, zischte ich. Bei ihrer nächsten Äußerung sah ich sie wieder ziemlich erschrocken an. „Satan ist mein Boss! Wenn Du verstehst, was ich meine. Alle Dämonen unterstehen ihm. Und alle Engel dem Allmächtigen.“ Vor Luzifer hatte ich wirklich sehr großen Respekt. „Es gibt auch nicht EIN Satan, sondern NUR EINEN Satan. Genauso wie es nur einen Allmächtigen gab!“ Bei Luzifer, mußte ich ihr jetzt allen Ernstes noch biblischen Unterricht erteilen? „Das kenne ich ja auch. Ich kann mich auch jederzeit in eine Schlange zurückverwandeln!“, erklärte ich ihr. Gut, sie hatte nichts vom Engel gehört. Oder eigentlich nicht gut. Ich wußte jetzt schon, wie sehr Erzi mir fehlen würde, wenn ich hier jetzt festsitzen müßte. All die Jahrhunderte über waren wir uns immer wieder mal begegnet. Und das sollte jetzt so plötzilch vorbei sein?

Schließlich erzählte sie von diesem Planeten hier. Ich mußte erstmal wissen, wo das war. Es mußte doch einen Rückweg geben. „Vielleicht will man mir das auch nur vorgaukeln, daß es diese Welt hier schon so lange gibt. Ja, das klingt ganz danach!“, stöhnte ich. Dann erzählte sie aber, daß es eine Portalstadt geben würde, wo man einige Dinge finden könnte. „Na wenigstens etwas! Nicht ganz hinterm Mond!“, murmelte ich. „Da bin ich ja mal gespannt, was ich da finden werde!“ Lu hatte allerdings keine Ahnung, weil sie nie dagewesen war. „Ich werde Dir dann berichten, wie es dort ist!“ Dann mußte ich lächeln, als sie meinte, es gäbe sicher auch Rotwein. „Dann ist ja noch nicht ganz Hopfen und Malz verloren!“

Lu wollte wissen, was ich nun machen sollte. „Erstmal in diese Portalstadt gehen und mich dort etwas umsehen! Gibt es hier auch irgendwelche Gefahren?" Mußte man ja auch mal wissen. Dann starrte ich sie wieder an wie ein Auto. „Ich denke schon, daß meine Kräfte noch funktionieren! Es sei denn, ER steckt doch dahinter! Ohne daß Du das weißt!“ Aber das wäre scheiße. Ich schnippste mit den Fingern und merkte, daß ich die Zeit nicht mehr anhalten konnte. Dann versuchte ich etwas zu erriechen und konnte auch die Hölle nicht mehr erspüren. „Die Verbindung nach Unten ist auch unterbrochen! Warum auch immer! Aber danke für die Warnung, Lu! " Damit drehte ich mich um. "Man sieht sich!“, verabschiedete ich mich von ihr und ging dann in Richtung Portalstadt.

tbc: Gasthaus

"Tallallaaaa!" Pippi ritt auf ihrem Pferd durch ein großes Portal. "Sag, Herr Nilson, wo sind wir denn hier gelandet?" Kleiner Onkel schritt durch einen dichten Wald, der Goldkoffer baumelte an seinem Halse. Eigentlich wollte Pippi nur mit Tommy und Annika Sachensuchen spielen, aber hier hatte sie wohl einen besonders schönen Ort gefunden. "Tommy! Annika! Kommt schnell! Ich habe etwas gefunden!" Doch niemand antwortete ihr. Pippi drehte sich um. Ihr beiden Freunde waren ihr nicht gefolgt. "Tommy? Annika?", rief sie durch das Tor hindurch, doch der Schall ihrer Stimme prallte ab und kehrte zu ihr zurück. Merkwürdig. "Na, wenn ihr nicht kommen wollt, dann sehen wir uns später. Wir können Pfannkuchen backen. Komm, Herr Nilson." Sie trieb Kleinen Onkel an und folgte den Pfeilen, welche hier aufgestellt waren. Eine richtige Schatzsuche! Pippis Augen leuchteten.

=>Marktplatz Portalstadt

Regen, nein Hagel schlug auf die Welt nieder, hüllte diese in einen dichten Vorhang aus grauem Nebel und Nässe. Jax rannte laut bellend vor mir her, während ich versuchte schützend die Wolljacke über meinen Kopf zu halten. Doch meine Kleidung war längst durchnässt und lag wie eine zweite Haut an. Das Regenwasser war sogar in die Stiefel gestiegen, welche mir eindeutig ein Stück zu groß waren. Meine Füße begannen zu frieren - ebenso wie der Rest meines Körpers. Meine Haare lagen nun dicht an und trieften. Endlich fand ich das was mir helfen konnte. Ein verlassenes Bauernhaus. Jax blieb knurrend vor der Tür stehen und bellte diese an. Ich blieb stehen. Ob ein Dämon in dem Haus war? Wohl eher nicht. Soweit ich diese Wesen kannte, waren sie zu riesig um in die Gebäude der Menschen zu passen. Jax, Fuß! Der Dobermann reagierte sofort und sprang an meine linke Seite zurück, drückte sich an mein Bein. Ich tätschelte kurz sein nasses Kopffell, ehe ich die Tür öffnete und diese nach innen aufstieß. Sofort schnupperte Jax, während ich mit klopfendem Herzen abwartete ob ich einen Laut aus dem Haus vernahm. Doch kein Laut kam aus der Dunkelheit hervor. Instinktiv ergriff ich Jax's Halsband und ging so langsam in das Haus hinein. Gerade hatte ich die Tür hinter mir gelassen, da wurde diese von einem kräftigen Windsog zugezogen und ließ mich im Dunkel zurück. Zumindest für einen Moment, ehe ich eine Art Lichtquelle entdeckte. Ich atmete tief durch und ging - noch immer den Griff sichernd um das Halsband gelegt - auf diese Quelle zu. Blinzelnd trat ich dann durch das Licht und erstarrte. Der Klang des Windes und des heftigen Hagels hatten nachgelassen, aber das war nicht das was mich verwirrte. Nein, es war der Wald welcher sich meinem Blick öffnete. Was zum.. mehr brachte ich nicht hervor, sondern ging ein paar Schritte weiter, ließ dabei Jx Halsband los. Dieser lief dicht an meiner Seite und schnupperte schnaufend. Wo zur Hölle sind wir hier? Suchend sah ich mich um, wobei sowohl ich als auch Jax noch immer klatschnass waren.

Die Windhose erwischte mich eiskalt. Ich versuchte verzweifelt zu fliegen. Doch es gelang mir nicht. Der Wind war einfach zu stark. Auf einmal fiel ich und landete auf moosigen Boden.
Nach dem ich wieder klar im Kopf war, schaute ich mich um. Ich war in einem Wald. Aber wie? Ich war doch in der Windhose. Mein Hintern tut so weh!
Ich versuchte meine Flügel anzufassen. Aber ich fasste ins Leere. Ich drehte meinen Kopf, doch konnte ich nichts sehen. Ich versuchte meine Flügel auszubreiten doch nichts geschah. Sie waren weg.
Ich schrie auf:Neeeeeiiiiinnn!

Jax war der erste, an dessen Ohren ein Ruf erreichte. Schützend stellte sich der Dobermann vor mich und knurrte dunkel. Seit der Begegnung mit dem Dämon war der Hund erstrecht misstrauisch - nicht zuletzt wegen der Umgebung welche uns beiden unbekannt war. Ich sah zu Jax hinab, ehe der letzte Ausklang des Aufschreis an meine Ohren drang. Ich zog die Schultern hoch und sah finster drein. Es war eindeutig die Stimme einer Frau gewesen. Vielleicht war es ein Mädchen, welches gerade von einem Dämon gefressen wurde? Oder vielleicht erst gerade einem als Mahlzeit gebracht worden war? Die Erinnerungen an das Waisenhaus flackerten durch meinen Kopf, während ich die klatschnasse Wolljacke überzog, was nicht gerade einfach war. Ich schob Jax sachte beiseite Fuß! Sofort drückte sich Jax an mein linkes Bein und lief so neben mir her, während ich mich wachsam jener Stelle näherte, wo der Schrei hergekommen war. Ich blieb hinter einem Baum stehen und lugte vorsichtig hinter diesem hervor. Doch außer einer Frau, welche seltsame Kleidung trug, konnte ich nichts auf der kleinen Waldlichtung sehen.