"Lilith lässt euch die Gruppe also auch verlassen, wenn ihr wollt?", fragte Hermine sofort genauer nach. Von der Ausstrahlung, die diese Frau hatte, war sie sich da nämlich nicht so sicher gewesen. Und sie war sich immer noch nicht sicher, wie sie es finden sollte, dass Raphael ihr so treu war. Immerhin konnte sie offensichtlich ziemlich grausam sein.

"Also... könntest du auch gehen, wenn du wolltest?", fragte Hermine weiter nach. Sie verstand nicht so ganz, wieso Raphael ihr dann überhaupt noch halt, vor allem bei den Verbannungen. Ohne es selbst bewusst zu merken, kuschelte sie sich enger an ihn.

Über Raphaels entschiedene Antwort überrascht drehte Hermine sich zu ihm um, um ihn anzusehen. "Weil sie dir geholfen hat, als du hier ankamst?", fragte sie interessiert nach. "Und dafür bleibst du bei ihr - für immer?" Sie hoffte einfach mal, dass Emerelle nicht etwas ähnliches von ihr verlangen würde. Wobei, wenn es danach ging, wer ihr hier am meisten geholfen hatte, dann war das wohl Raphael. Und vor allem hatte er nie eine Gegenleistung dafür verlangt. Bei dem Gedanken lächelte sie ihn warm an.

Hermine nickte. Das verstand sie. Doch bei seinem nächsten Satz entkam ihr ein kleines Schnauben. "Nur... Ich vergesse die meiste Zeit, dass du unsterblich bist", meinte sie leise und sah auf den Ring an ihrer Hand. Wahrscheinlich fiel es ihr so leicht, das zu vergessen, weil sie es vergessen wollte. Wenn für ihn 500 Jahre wenig waren... Dann war ihre Anwesenheit wohl nur ein kurzer Wimpernschlag für ihn. Und das tat irgendwie weh, auch wenn sie sich darüber ärgerte.

Hermine musste lächeln, als er ihr durch die Haare strich, weil sie kurz an seine Reaktion denken musste, als sie überlegt hatte, sie sich abzuschneiden. "Nur manchmal?", fragte sie neugierig nach und sah ihn wieder an. "Ich glaube, ich fände es..." Sie schluckte den Rest des Satzes hinunter, weil es nicht gerade nett wäre, jetzt 'schrecklich' zu sagen. "Ich glaube, ich bin grundsätzlich lieber sterblich", fuhr sie stattdessen fort.

Bei seinen letzten Worten hob Hermine die Hand und strich ihm sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Plötzlich hatte sie den Wunsch, sie könnte ihm etwas davon abnehmen. Auch, wenn das wohl kaum möglich war. "Und was sind die Vorteile?", fragte sie, um ihn etwas positiver zu stimmen.

Hermine lächelte leicht. "Das klingt wirklich nicht schlecht. Das mit dem Lernen und Reisen vor allem... Es wäre wohl der einzige Grund, warum ich das vielleicht wollen würde." Sie legte lächelnd den Kopf zurück an seine Schulter. "Vor allem bei einer ganz neuen Welt wie dieser, wo es so viel zu Neues zu lernen und zu entdecken gibt." Wobei sie trotzdem keine Unsterblichkeit wollen würde. Das wäre ihr einfach... zu viel. Sie kam ja kaum mit dem Verlust von ihren Freunden und ihrer Familie klar, und so etwas hatte man ja ständig, wenn man unsterblich war.

Ein Stich durchfuhr Hermine, als sie das hörte. Hatte es außer seiner Menschenfrau also doch jemanden gegeben? "Heißt das, du... hattest mal jemanden?", fragte sie vorsichtig nach und versuchte, die Eifersucht beiseite zu schieben. Das war ja wohl mehr als unangebracht!