Fenja erreichte ein Gasthaus und sprang von ihrem Pferd, welches sie an einer Tränke anband, falls es nach dem langen Ritt Durst haben sollte. Den Sack Äpfel stellte sie daneben ab und marschierte geradewegs in die Wirtschaft hinein. Nur ihr Schwert ließ sie sicherheitshalber nicht allein draußen stehen, so steckte es noch unberührt in ihem Gürtel. Im Gasthaus setzte sie sich an die Bar und bestellte sich eine Kleinigkeit zu essen. Der Ausflug ins nächste Dorf hatte sie hungrig gemacht.

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Es dauerte nicht lange, da hatte ich das Gasthaus gefunden. Das war schon etwas mühsam alles. In London hatte ich wenigstens meinen Bentley und hier mußte ich zu Fuß gehen. Wie ich das hasste. Vor dem Gasthaus bemerkte ich allerdings ein Pferd. Na immerhin. Schließlich gab es selbst im Mittelalter Pferde. Dann würde sich doch sicher auch für mich mal eins auftreiben lassen. Wie mich das nervte, wieder in der Zeit zurückgehen zu müssen. Im Mittelalter war so Vieles unbequem und lästig gewesen und man war froh, daß die Menschheit endlich dazugelernt hatte. Doch stattdessen fing alles wieder von vorne an. Bald waren wir auch wieder in der Steinzeit, dachte ich genervt.

Ich schnippste mit den Fingern, so daß die Tür aufsprang. Na wenigstens funktionierte das noch. War also noch nicht ganz Hopfen und Malz verloren. An der Bar bemerkte ich eine junge Frau, die sich etwas zu essen bestellt hatte. Sie schien offenbar eine Kriegerin zu sein, was ihr Schwert verriet. "Hallo schöne Frau, was dagegen, wenn ich mich was zu Euch setze?", lächelte ich sie verführerisch an. Ich mußte eh sehen, wie ich hier meinen Aufgaben weiter nachgehen konnte. Ich bestellte jetzt auch erstmal einen Rotwein. Mal sehen, ob diese Lu recht hatte. "Gibt es etwas, was Sie besonders empfehlen können?", fragte ich die Frau und deutete auf ihr Essen.

Fenja sah irritiert auf. Sie wurde äußerst selten angesprochen, erst recht nicht mit "schöne Frau". Sie musterte den Mann und sein schmieriges Lächeln, setzte aber ein ebenso gespielt keckes Gesicht auf und deutete ihm an, auf dem Stuhl neben ihr Platz zu nehmen. "Das hier." Fenja deutete mit dem Finger auf ihr Essen - eine Pfanne, in der Fleisch und Spätzle in Soße mit Champions getränkt waren. Es schmeckte köstlich.

Besonders gesprächig schien die junge Frau nicht zu sein. Aber wenigstens erwiderte sie mein Lächeln und erlaubte mir, bei ihr Platz zu nehmen. "Na dann sollte ich das mal ausprobieren!", meinte ich zu ihr und bestellte sogleich das Essen. "Sie sehen aus, als wenn Sie von hier kämen!", vermutete ich. "Was hat es mit dem Ganzen hier auf sich und wieso kommt man nicht mehr von hier weg? Das ist doch nur ein Märchen, oder?" Lu hatte mir zwar schon so Einiges gesagt, aber es konnte nie schaden, mehrere Meinungen zu hören. Das Essen kam ziemlich schnell und ich konnte probieren, wie es schmeckte. "Ich muß sagen, Sie haben mich überzeugt. Es schmeckt ausgezeichnet!" Für diese Zeit hier. Auch wenn Erziraphael und ich ja schon Anderes gewöhnt waren.

Fenja sah den Mann eindringlich an. "Wieso sollten Sie hier weg wollen? Es ist doch schön hier", antwortete sie ihm. Herausfordernd setzte sie ein "Oder sind Sie auf der Flucht?" bei und musterte ihn weiter mit hochgezogener Augenbraue. Sie war in ihrem Leben schon vielen zwielichten Kreaturen begegnet und war deshalb immer auf der Hut. Sie kannte den Mann nicht und konnte ihn deshalb noch nicht einschätzen. "Sind Sie neu hier?", fragte sie ihn direkt.

"Schön? Na ja, nicht wenn man Anderes gewöhnt ist. Normalerweise lebe ich in einer richtigen Großstadt mit Straßen und Autos, wo das Leben pulsiert, aber das kennt Ihr noch nicht." Würden sie es überhaupt je kennenlernen? "So wie hier sah es auch lange Zeit auf der Erde aus, bis man sich weiter entwickelt hat!", erkärte ich ihr. "Es ist sowieso ziemlich mühsam ohne meinen Bentley hier!", seufzte ich. Dann erschrak ich. "Auf der Flucht? Nein, ich wollte mir eigentlich nur einen verdammten schönen Nachmittag mit meinem besten Freund machen, als mich irgend Etwas an diesen verfluchten Ort hier entführt hat.", seufzte ich. Erziraphael würde mich jetzt wohl wieder tadeln, dachte ich schmerzhaft. Ich vermisste den Engel jetzt schon total. "Kann man so sagen, ja!", antwortete ich ihr auf ihre Frage, ob ich neu wäre. Dann stellte ich mich aber erstmal vor. "Crowley und mit wem habe ich das Vergnügen?", fragte ich sie.

Hastig stellte sich Fenja dem Mann auch vor. "Fenja", meinte sie. "Fenja Fox." Wie peinlich. Normal musste sie sich nirgends vorstellen, denn sie kannte alle, die sie kennen wollte und umgekehrt galt das gleiche. Und da hatte sie es prompt vergessen. Allerdings hatte dieser Crowley nun doch ihr Interesse geweckt. Neugierig sah Fenja ihn an. "Was ist denn ein Atuh?

"Sehr erfreut, Fenja!", lächelte ich sie an. "Hat dieser Name irgend ene Bedeutung?" Im Mittelalter war es oft so, daß die Namen der Menschen irgend Etwas zu bedeuten hatten. Mit einem Auto konnte sie allerdings nichts anfangen. War ja klar war. "Ein motorisiertes Pferd!", grinste ich. Wie erklärte man das jetzt am besten, so daß die Leute das hier auch verstanden? Also, mal für ganz Doofe. "Ein Auto ist genau wie bei Euch die Pferde ein Fortbewegungsmittel. Allerdings ist es eine Blechkiste und nicht lebendig. Es wird durch einen Motor angetrieben. Der wird aber erst im 19. Jahrhundert erfunden! Da habt Ihr aber nochwas Zeit!", erklärte ich ihr. "Aber ich liebe dieses Jahrhundert! Ich habe ja nicht umsonst das 14. Jahrhundert verschlafen. Das war sowas von langweilig. Erst im 19. ging es richtig ab. Trotzdem komme ich aus dem 21. Jahrhundert!"

"Du hast das 14. Jahrhundert sicher nur verschlafen, weil du mich nicht gekannt hattest", feixte Fenja. "Hier ist es nämlich alles andere als langweilig. Auch wenn wir in keinen Fässern durch die Gegend rollen." Der war ja lustig. Fantasie hatte er jedenfalls. "Fenja heißt die Schützende. Wie du siehst...", sie deutete auf ihr Schwert, welches noch immer an ihrem Gürtel befestigt war, "...hat das in meinem Fall irgendwie zumindest halbwegs geklappt. Und was bedeutet Crowley?" Jeder Name hatte schließlich eine Bedeutung, auch wenn sie den Namen Crowley zuvor noch nie gehört hatte.

Auf ihre Äußerung hin mußte ich lachen. "Meinst Du? Im Moment sehe ich noch keinen großen Sinn darin, wieder im Mittelalter leben zu müssen. Man hat mich ja nichtmal gewarnt!" Dann mußte ich grinsen. "Das wäre doch sicher mal was Neues. Aber überrasche mich. Ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen! Das alte Rom war ja auch nicht so schlecht!" Besonders der Rotwein und die Frauen. Schließlich erklärte sie aber, was ihr Name zu bedeuten hatte. "Ah, das erklärt so Einiges. Das passt auch sehr gut zu Dir. Scheint eine gute Waffe zu sein! Aber wen beschützt Du wovor? Klingt ja so, als wäre man hier im Kriegszustand?" War ja schon im Mittelalter nichts Anderes gewesen. Damals waren es Schwerter gewesen und heute Atomwaffen. "Mit Schwertern fängt das Ganze an!", seufzte ich. "Wenn Du auch nur ahnen würdest, worauf das Ganze hinauslaufen wird, würdest Du damit aufhören!" Doch zumindestens war es kein Flammenschwert. Natürlich wollte sie auch wissen, was Crowley bedeutete. "Damals habe ich ja noch Crawley geheißen, das heißt Kriecher, aber das war auch kein Wunder, da war ich noch die Schlange im Paradies gewesen. Aber da mir der Name nicht gefallen hat, habe ich mich in Crowley umbenannt!", erklärte ich ihr.

"Schlange im Paradies also? Das hört sich fast so an, als wärst du der Übeltäter in Person." Fenja schmunzelte und griff automatisch an ihre Klinge, als Crowley von ihrem Schwert sprach. "Ich beschütze ... mich. Ja, eigentlich nur mich. Ich war auf einem Ausflug, deshalb habe ich es dabei. Aber auch sonst lege ich es nur ungern ab. Man weiß ja nie, welche Kreaturen hinter dem nächsten Busch lauern", erklärte sie achselzuckend. Außerdem - was sollte mit einem Schwert schon schief gehen? Die einen können damit umgehen, die haben auch verdient zu überleben. Und die anderen könnens eben nicht und sind dann selber schuld, wenn sie drauf gehen. Wieso sollte sie es also lassen? Dann würde sie ja zur zweiten Gruppe dazu gehören und das hatte Fenja echt nicht vor. Sie schüttelte bei dem absurden Gedanken den Kopf.

„Ja kann man so sagen. Es ist meine Bestimmung.“, gab ich zu. Ich war ja trotzdem auch stolz darauf, ein Dämon zu sein. Ich sah, wie sie nun auf Angriff überging und nach ihrer Klinge griff. „Na ja, eigentlich nur, weil ich mich mit den falschen Leuten abgegeben habe.", beschwichtigte ich. "Ich bin dann gaaaaaanz langsam abwärts geschlurft. Aber nur weil ich jetzt ein Dämon bin, heißt das noch lange nicht, daß ich alles gutheiße, was meine Leute so treiben. Ich bin schließlich hart dafür bestraft worden, daß ich mit Erziraphael den Weltuntergang verhindert habe. Aber ich liebe nunmal die Erde.“ Schon seit über 6000 Jahren lebte ich dort. „Was ist denn so schlecht daran, beide Seiten zu kennen? Der Engel und ich stehen auf unserer eigenen Seite. Deshalb funktioniert es auch so gut zwischen uns. Aber unsere Leute sehen das natürlich nicht gerne. Ich müßte ihn eigentlich hassen und umgekehrt.“ Schließlich war es ziemlich absurd, daß ein Dämon und ein Engel Freundschaft schlossen. „Ich fand es ehrlich gesagt schon ziemlich übertrieben, daß Adam und Eva wegen einem kleinen Vergehen schon aus dem Garten Eden geschmissen wurden! Aber man muß ja tun, was der Allmächtige sagt und gehorchen.“ , stöhnte ich.

Dann grinste ich sie an. „Komm mal wieder runter. Ich tu Dir schon nichts! Ich hätte es längst tun können, wenn ich es gewollt hätte!“ Sie erzählte von einem Ausflug. „Ja, dann haben die Waffen wenigstens bei Euch noch einen Sinn. Bei uns gibt es Atomraketen, die sind tausendmal gefährlicher als so ein Schwert. Allein wenn dann ganze Landstriche verstrahlt und unbrauchbar sind.“, seufzte ich. „Und genau das ist die Gefahr. Damals hat es auch mit Schwertern angefangen, dann kamen irgendwann Kanonen und Gewehre, später kamen die Bomben und heute eben die Atombomben. Es gibt ein richtiges Wettrüsten!“ Apropos Ausflug. „Wo gibt es eigentlich Pferde? Ist das Deins oder kann man sich hier welche besorgen?“, erkundigte ich mich und trank einen Schluck Rotwein.

Fenja musterte Crowley kritisch. "Du redest ganz schön viel", stellte sie schließlich trocken fest. Es war interessant, was er da erzählte, keine Frage, aber bei irgendwelchen Atokareten kam sie definitiv nicht mehr mit. Was er damit wohl meinte? Aus diesem Mann wurde Fenja einfach nicht schlau. "Du brauchst ein Pferd? Das draußen ist meins, aber ich kann dir eins besorgen." Besser gesagt stehlen, dachte sie sich, sprach es jedoch nicht aus und sah ihn deshalb nur fragend an. Ohne Gegenleistung würde sie es sowieso nicht machen.

„Im Gegensatz zu Dir!“, bemerkte ich jetzt auch mal an. Viel mehr hatte ich über diese Welt hier jedenfalls noch nicht erfahren. „Irgendwie muß man sich ja beschäftigen!“, brummte ich. Und wie sollte man sonst erklären, daß man anders als die eigenen Leute war? „Das ist nicht alles mit einem Satz erklärt, was Du wissen willst! Du sprichst hier schließlich mit einem über 6000 Jahre alten Dämon!“ So war es nunmal. Und ja, ich war ziemlich temperamentvoll. Aber das machte mein Dämonenblut. Ich konnte mich nur schwer zurückhalten. „Ja, wäre nett, wenn Du mir eins besorgen könntest! Ich nehme an, das kostet mich Einiges!“, vermutete ich. Aber man mußte schließlich von A nach B kommen können. „Hast Du eine Idee, wo man wohnen kann? Und was sind hier die schlimmsten Gefahren?“ Man mußte ja vorbereitet sein.